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Datenerfassung auch bei Gesunden

In besonderen Zeiten ist alles anders und in einem sind wir uns wohl alle einig: wir leben in besonderen Zeiten. Eben noch diskutierten Politik, Wissenschaft und interessierte Bürgerschaft über eine Corona-Tracing App, welche Möglichkeiten diese bietet, ob sie datenschutzkonform betreibbar ist, und weshalb auf offene Standards bestanden wird.

Und plötzlich ist Datenschutz kein Thema mehr. Eine neue Meldepflicht soll nun ermöglichen, was bisher undenkbar war: eine ganze Reihe von personenbezogenen Daten, darunter auch besonders Schützenswerte wie medizinische Untersuchungsbefunde.

In der Diskussion ging es bisher um die direkte Kontaktverfolgung SARS-COV oder SARS-COV-2 positiv getesteter Menschen, um mögliche Infektionsketten aufdecken zu können. Dass diese Nachverfolgung notwendig ist und zum epidemiologischen Handwerkszeug gehört, ist richtig.

Doch nun sollen auch alle negativ getesten Menschen einen ganzen Strauss an Daten zur Verfügung stellen. Oder richtiger, diese Daten werden nach einem Befund automatisch weitergeleitet, eine Zustimmung oder ein Einspruchsrecht ist nicht vorgesehen. Was hinterher, zusätzlich zu statistischen Auswertungen, mit den Daten geschenen soll ist weiterhin unklar.
Um es deutlich zu sagen: wir reden von einer bundesweiten Meldepflicht für nachweislich Nicht-Infizierte, potentiell also für jeden von uns.

Das Bundesministerium für Gesundheit muss sich die Frage gefallen lassen, welchen Mehrwert diese Erfassung über das bisherige Infektionsmanagement hinaus wirklich leisten soll. Zumal ein negativer Test nach wenigen Tagen wieder hinfällig sein kann. Das BSI wird hierbei ebenso deutlich, wenn es sagt, dass keine Grundlage erkennbar sei, weshalb derart in die Grundrechte einer so großen Anzahl an Menschen leichtfertig eingeriffen werden soll. Die erforderliche Abwägung sei zudem nicht erfolgt.

„Was neben den datenschutzrechtlichen Aspekten bisher komplett übersehen wird, ist der soziale Effekt, den eine solche Meldepflicht auslösen kann: wenn eine Diagnose in Zusammenhang mit der Abklärung von Atemwegsbeschwerden oder ein Test aus sonstigen Gründen, z.B. im Rahmen einer Infektionskette immer direkt zu einer offiziellen Meldung führt, könnte ein Vermeidungsverhalten auftreten. Personen könnten einen Arztbesuch etwas länger aufschieben, als medizinisch sinnvoll wäre oder Kontaktpersonen würden nicht korrekt und vollständig angeben. Dies gefährdet dann nicht nur die Person und ihr Umfeld sondern führt das gesamte System der Tests und Nachverfolgung ad absurdum. Das darf unter keinen Umständen passieren!“, betont Anja Hirschel.

Ich finde es besorgniserregend, welche Maßnahmen mit einer Leichtfertigkeit von der Bundesregierung hier zur Diskussion gestellt wurden. Bis zum Rückrudern aufgrund des öffentlichen Drucks, wollte man die Daten einer Corona-Tracing App, also wer wann wen wie lange getroffen hat, zentral sammeln. Nun ist die erstgenannte Maßnahme in einer Präzisierung des Infektionsschutzgesetzes, dass die persönlichen Daten alle Getesteten gesammelt werden. Das Motto der Regierung scheint also zu sein: Nimm dir was du kriegen kannst.„, fügt Sebastian Alscher, 1. Bundesvorsitzender der Piratenpartei, hinzu.

Dass mehr Tests notwendig sind ist unbestritten. Ergänzen wir das geplante Gesetz nun zusätzlich um eine regelmäßige Testpflicht, dann wird die Dimension der Datensätze klar. Viel sinnvoller wäre es, den Gesundheitsämtern mehr Personal zur Verfügung zu stellen. Von 5 Personen-Teams je 20.000 Einwohner ist die Rede. Davon sind wir weit entfernt.

Trotz der offensichtlichen Gefahren und Mängel im geplanten Entwurf wurde das Gesetz nun im Eiltempo durchgewunken. Damit setzt die Bundesregierung der Corona Krise förmlich die Krone auf.

 

Ein Beitrag der AG Digitaler Wandel.

4 comments on “Datenerfassung auch bei Gesunden

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