Eine aktuelle BR-Recherche hat interessante Informationen ans Licht gebracht. Onlineanbieter für Gastronomie-Lieferdienstleistungen wie Lieferando sind allgemein bekannt und werden auch gerne genutzt. Dahinter steckt ein komfortables Angebot für die Kunden: Bestellseiten werden gebündelt, um so zentral auf einer Plattform das Angebot vieler, auch kleiner Gaststätten, Restaurants und Imbisse anzubieten – Essen aus dem Online-Katalog. Für die Betreiber ergibt sich daraus der Vorteil, dass sie trotz der aktuellen Lage durch die Essensauslieferungen Umsätze erwirtschaften können.
Worum geht es?
Wenn ein Restaurantbetreiber z. B. mit Lieferando einen Vertrag abschließt, so bekommt dieser vom Lieferdienstanbieter eine entsprechende Bestellseite erstellt. Die URL dieser neuen Website ist der eigentlichen Restaurantwebsite sehr ähnlich, ja sogar zum Verwechseln ähnlich. Dies führt dazu, dass bei Websuchen nicht nur beide angezeigt werden, sondern die gesponserten Treffer weiter oben in der Ergebnisliste die Original-Website des Restaurants verdrängen.
Der IT-Sicherheitsfirma Domaintools ist aufgefallen, dass der niederländische Konzern „Just Eat Takeaway“, zu dem verschiedene Lieferdienste gehören, rund 120.000 Domains als Bestellseiten registriert hat, allein 50.000 davon in Deutschland (Stand Dezember 2020). Auf immerhin 18.000 dieser Websites ist eine Bestellfunktion hinterlegt. Bei den Übrigen werden nur Platzhalter oder ein Logo des Lieferdienstes angezeigt. Nun hat der BR die vorliegenden Daten in einer umfangreichen Recherche ausgewertet.
Wozu das Ganze?
Bei vermittelten Verkäufen über Lieferando muss das Restaurant, je nachdem ob es selbst ausliefert oder diesen Service über den Lieferdienst nutzt, zwischen ca. 9 – 13% Provision vom Verkaufspreis zahlen. Für die Kunden entsteht der Eindruck, dass sie direkt über die Restaurantwebsite bestellen, tatsächlich geben sie aber eine Lieferando-Bestellung auf, bei der die genannte Provision anfällt. Die Wertschöpfung bleibt somit weniger lokal und wandert in die Tasche eines internationalen Unternehmens.
Technisch gesehen kann eine solche Bestellseite ein netter Service sein, allerdings wussten einige Gastrononomiebeteiber nach Befragungen nicht einmal von ihrem „Glück“. Zum Beispiel wurde bei einem veganen Restaurant auf seiner Schattenseite sogar ein Steak abgebildet. Dies kann je nach Geschäftsmodell massiv geschäftsschädigend sein.
„Hier zeigt sich ganz anschaulich, wie die Lenkung des Traffic einen spürbaren Unterschied im erwirtschafteten Gewinn ausmachen kann. Aufmerksamkeit ist bares Geld.“, so Anja Hirschel, Themenbeauftragte Digitaler Wandel.
Mittlerweile existieren bereits Kooperationen solcher Lieferdienstplattformen mit Google. Ziel ist es, dass der Bestellprozess von Essen für die Kunden noch komfortabler gestaltet werden soll. Dieses Vorgehen wird inzwischen kartellrechtlich beobachtet, u. a. auch wegen Klauseln wie gleicher Preis vor Ort und bei Lieferung.
Es bleibt spannend, in welche Richtung sich diese Vorgehensweise weiterentwickeln wird.
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