AG Digitaler Wandel Digitalisierung Kolumne

Irland hat bereits 2013 eine Digitalstrategie auf den Weg gebracht. Ist diese auch Praxisgerecht?

eGovernment: Ein Blick zu unserem „digitalen Nachbarn“ Irland

Dieser Beitrag ist die Position eines AG-Mitglieds und keine offizielle Parteimeinung.

Wann warst du eigentlich das letzte Mal beim Amt? Egal ob man den Wohnort ändern, einen Hund anmelden oder das KFZ auf sich registirieren lassen möchte – wir deutschen verbringen sehr viel Zeit mit „Nummern ziehen“ und langem warten auf Ämtern, um unsere Bürgerpflichten zu erledigen. Dass das nicht zwingend so sein muss zeigt uns ein digitaler Nachbar aus dem näheren Umfeld:

Irland hat im Jahr 2017 die sogenannte „eGovernment Strategy“ aufgesetzt, deren Planung bis 2020 geht. Zeit also, sich das Thema einmal genauer anzuschauen und Resümee zu ziehen.

Irland als Standort für die Digitalwirtschaft

Laut „Germany Trade & Invest“ sind die Voraussetzungen Irlands als Standort für die Digitalwirtschaft „hervorragend“. Bereits 2013 hat die irische Regierung die Zeichen der Zeit erkannt und eine nationale Digitalstrategie aufgelegt. Wichtige Ziele sind dabei der Onlinehandel, digitales Unternehmertum, die eGovernment-Strategie sowie eine nationale Strategie für den Breitband-Internetausbau. Bis 2024 wird das Land so z.B. flächendeckend mit intelligenten Stromzählern ausgerüstet, welche bei uns in Deutschland noch immer Proteste aufgrund von Datenschutzbedenken auslösen.

Deutlich interessanter ist allerdings der Bereich eGovernment: Hier hat die irische Regierung bereits 2017 eine eine dedizierte „eGovernment Strategy“ verabschiedet, deren Umsetzung fast abgeschlossen ist.

Irlands eGovernment Strategy

Das Strategiepapier ist für Jedermann frei einsehbar und beschreibt die Leitlinien, wie öffentliche Angebote geschaffen werden. Diese sind, frei übersetzt:

Digital by Default
Alle öffentlichen Services werden standardmäßig immer über verschiedene digitale Kanäle (Homepage, App,…) und alternativ an einer zentralen Anlaufstelle angeboten.

Once only principle
Alle Daten müssen dem Amt nur einmal übermittelt werden und werden dann, unter Auflage hoher Datenschutzanforderungen, für weitere Anliegen weiterverwendet (z.B. eine Ummeldung der Wohnung meldet auch automatisch das Auto und den Hund mit um).

Inclusiveness and accessibility
Alle öffentlichen Services werden so angeboten, dass Sie die maximale Reichweite haben. Dazu gehört, dass Sie barrierefrei sind, demografische Unterschiede bedacht werden usw.

Openness and transparency
Alle Firmen und Personen haben die Möglichkeit jederzeit genau zu prüfen, was, wann, wo und von wem mit ihren Daten gemacht wurde und diese zu korrigieren.

Cross-Border by default
Alle Services sind, soweit rechtlich und datenschutztechnisch erlaubt, auch grenzübergreifend abruf- und nutzbar.

Interoperability by default
Alle öffentlichen Services werden regelmäßig dahingehend angepasst, dass sie ohne Probleme im digitalen Binnenmarkt und über Firmengrenzen hinweg nutzbar sind.

Trustworthyness and Security
Bei allen Umsetzungen wird darauf geachtet, dass der Datenschutz und die Privatsphäre nach Möglichkeit sogar über die geltenden Rechte hinaus gewährleistet ist.

Beispiel: Autosteuer

Die Leitlinien beschreiben sehr schöne Ansprüche, aber wie funktioniert die Umsetzung in der Praxis?

Hat man Irland ein Auto gekauft, kann man sich ohne Probleme und vorherige Amtsgänge bei verschiedenen Händlern ein Nummernschild kaufen. Die Nummer wird automatisch anhand des Jahres der Erstzulassung, der Kennung der Stadt oder des Countys und einer generierten Nummer in der Reihenfolge der Kennzeichenvergabe generiert. Diese wird vom Kennzeichenhersteller automatisch über eine verschlüsselte Online-Auskunft bei den Behörden angefragt, reserviert und dementsprechend vergeben.

Nun sollte man innerhalb der nächsten 24h sein Auto für die Autosteuer, die sogenannte „Motor tax“ auf der Website der enstprechenden Behörde registrieren. Mithilfe der Versicherungsinformationen und der „Vehicle Registration Number“, einer Nummer die nach der ersten Anmeldung eines Autos vergeben wird, können Gebrauchtfahrzeuge innerhalb von 2 Minuten schnell und einfach registriert werden. Dieses Verfahren funktioniert auch für Neufahrzeuge, nur dass stattdessen die Fahrzeugidentnummer (VIN) herangezogen wird. Bezahlt werden kann bequem online oder per Bankeinzug.

Der besondere Clou: Die Steuer wird nur für ein Jahr bezahlt. Einen Monat vor Auslauf der Steuer bekommt man eine Benachrichtigung, ob man das Auto weiterhin nutzen möchte. Falls man darauf nicht weiter reagiert, ist das Auto nach Ablauf der Frist automatisch abgemeldet. Zudem erhält man eine weitere Benachrichtigung, dass man das Auto nicht mehr bewegen darf, ohne es erneut anzumelden. Falls man das Auto stattdessen weiter fahren möchte, reicht ein kurzes Online-Feedback, um die Registrierung um ein weiteres Jahr zu verlängern.

Fazit

Das Thema Autosteuer ist nur ein Beispiel dafür, wie eGovernment in Irland erfolgreich umgesetzt wird. Dadurch, dass alle Services „per default“ zuerst einmal auf Ihre Digitalisierungsmöglichkeit evaluiert werden müssen, gibt es nur noch sehr wenige Bereiche, in denen man tatsächlich für die Erledigung von Behördengänge vor Ort sein muss.

Was ist deine Meinung dazu? Ist Irland ein Datenschutz-Alptraum, oder Leben wir in Deutschland in der digitalen Steinzeit?

Update:
Wortwahl beim Thema „EU“ klarer gemacht

1 Kommentar zu “eGovernment: Ein Blick zu unserem „digitalen Nachbarn“ Irland

  1. Manuel Feldmann

    Interessanter Artikel. Über Irland wusste ich ehrlich gesagt gar nix zu dem Thema. Habe viel mitgenommen.

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