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Drei Beispiele, warum Social Networks Demokratisierungsbewegungen unterstützen können

Dieser Beitrag wurde von einem Mitglied der Arbeitsgemeinschaft geschrieben.

Von Manuel Feldmann und Sebastian Alscher 

Einleitung

Social Networks werden im Zusammenhang mit Demokratie oft negativ etikettiert. Fake News oder die allgemein filterlose Verbreitung von Informationen werden als Gründe genannt. Mit Sicherheit ist eine barrierelose Verbreitung von Informationen ohne Faktenchecks problematisch. Dies soll aber nicht Gegenstand dieses Beitrags sein. Denn Social Media oder das Web 2.0 haben sich auch als positiv für die Demokratie, oder genauer gesagt Demokratisierungsbewegungen, erwiesen. Hierzu lohnt es sich, das Thema politikwissenschaftlich anzugehen, und ein Blick über deutsche Grenzen hinaus zu wagen. Als Paradebeispiel wie Social-Networks, Blogs oder andere digitale Kanäle Demokratisierung unterstützen, gilt bis heute noch immer der “Arabische Frühling.”

Im Folgenden sollen drei Aspekte genannt werden, warum Social-Networks positive Einflüsse auf Demokratisierungsbewegungen haben können.   

Mehr Einfluss des einzelnen Bürgers auf den politischen Prozess

In Deutschland leben wir in einer so genannten “Repräsentativen Demokratie”. Das heißt, wir wählen in verschiedenem Turnus – je nach Art des zu wählenden Parlamentes auf kommunaler, landes- und Bundesebene – Politiker, welche wiederum repräsentativ für das Volk in Parlamenten ihre Arbeit verrichten und des Volkes Interesse vertreten (sollten). Das heisst, das politische System ist darauf ausgerichtet, dass der Bürger sich zwar auch innerhalb einer Legislaturperiode beteiligen kann, beispielsweise in Form von Mitarbeit in Parteien, den klassischen Bürgersprechstunden oder außerparteilicher Partizipation, doch die politische Hauptarbeit geschieht in den Parlamenten. Deshalb wird diese Repräsentative Demokratie auch Parlamentarische Demokratie genannt.

Die modernen Kommunikationsmöglichkeiten haben dafür gesorgt, dass dieser Aspekt mehr und mehr aufweicht. Bürger erwarten nun auch während einer Legislaturperiode, am politischen Prozess teilzuhaben. Zum Beispiel durch Kommentare, Fragen, Videos oder Meinungsäußerungen auf digitalen Kanälen: entweder direkt an die Social Media Accounts der Politiker bzw. politischen Institutionen gerichtet oder als eine Art neue, eigene Öffentlichkeit durch Videos oder Artikel. Daraus resultiert, dass der Politiker oder die Politikerin sich immer mehr auch außerhalb von Wahlkampfzeiten für seine Entscheidungen öffentlich rechtfertigen muss und eine Art fünfte Gewalt (neben Legislative, Exekutive, Judikative, klassische redaktionelle Medien) entsteht. Nämlich die der Blogger und Social Network User. Die Reichweiten vieler so genannter Influencer auf Videoplattformen belegen diese These. (1)

Es erklärt sich also von selbst, dass der Einfluss des Volkes auf Tagespolitik steigt. Man kann sagen, dass das Volk durch Social Networks eine größere Kontrollfunktion erhalten hat. Es kann nun nicht mehr nur durch Abwahl einer Partei oder eines Politikers reagieren, sondern auch direkt Kritik – im optimalen Fall wirkungsvolle Kritik – üben. Wirkungsvoll bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die öffentlichen Äußerungen tatsächlich Einfluss auf Wahlverhalten besitzen.

In autokratischen oder diktatorischen Regimen ist Social-Media deshalb den Regierungen immer wieder ein „Dorn im Auge.”

Social-Media als Kanal nach Außen

Denn wenn die Bevölkerung selbst über das Internet Fotos, Videos und eigene Berichte verbreiten kann, dann dringen natürlich auch für den entsprechenden “Despot” unliebsame Informationen in die Welt. Es wird also schwerer, die Kommunikation innerhalb eines autokratischen oder diktatorischen Regimes zu kontrollieren. Und gerade darin liegt der große Vorteil von Social Networks. Die Bevölkerung eines Landes kann sprichwörtlich zeigen, wie es wirklich im Land zugeht. Ein Aspekt, der im Übrigen auch im so genannten “Arabischen Frühling” eine große Rolle spielte. Hier gilt Social-Media bis heute noch immer als „Katalysator“(2) der Demokratisierungsbewegungen.

Social-Media als Unterstützung für große Demokratisierungsbewegungen

Das heißt, dass Social Networks zwar nicht alleine dafür verantwortlich waren, dass es von 2010 bis 2012 Demokratisierungsbemühungen gab, diese aber massiv unterstützten. So konnten sich damals beispielsweise die Aufständischen über Social-Plattformen zu Kundgebungen auf der Straße verabreden. Politische Aktivisten hatten zudem auf Blogs und Social-Media-Profilen durch eigene Beiträge über die tatsächlichen Zustände in den entsprechenden Ländern berichtet, und umgingen so die staatlich kontrollierten Medien und deren Informationspolitik. Insbesondere die Plattformen Twitter, Facebook und Youtube wurden genutzt, um die Bewegungen zu unterstützen. Zudem hatte sich die Bevölkerung auf Social-Networks zu Demonstrationen verabredet und organisiert. 

Freilich muss man aber auch festhalten, dass der Arabische Frühling an sich und auf lange Sicht nur bedingt erfolgreich war. Syrien und Irak sind gute Beispiele, wo sich in den Folgejahren keineswegs gesunde Demokratien entwickelt haben. Dennoch kann man im Allgemeinen von einem symbolischen Erfolg sprechen. In einigen beteiligten Ländern wurden beispielsweise Zugeständnisse an das Volk  gemacht, und im Großen und Ganzen wurde offensichtlich, dass das Volk durch Demonstrationen einiges, vor allem Öffentlichkeit, erreichen kann. Und dies unterstützt durch Social-Networks. 

Fazit

Wir haben drei Gründe gesehen, wie Social-Networks Demokratisierungsbewegungen unterstützen können. Mehr Einfluss auf den politischen Prozess der Bürger, Social Networks als Kanal nach außen und als Organisationstool für Demokratisierungsbewegungen.  Dabei wurde insbesondere am Beispiel des Arabischen Frühlings deutlich, dass die Netzwerke zwar nicht revolutionsentscheident waren, aber mindestens ein Hilfsmittel zu Organisation und Außenkommunikation dargestellt haben.  Wenn also mal wieder in Zukunft irgendwo Social-Media eingeschränkt wird, dann empfiehlt es sich genauer hinzuschauen, und sich die Frage zu stellen: Warum eigentlich? 

 

Autoren

Manuel Feldmann ist Politikwissenschaftler (M.A.) und PR Referent FJS. Er forscht seit 2008 im Bereich der modernen Wahlkampfkommunikation in Europa, USA und Südasien. Er ist zudem spezialisiert auf Counter Terrorism und Demokratisierung.  Zudem ist er von international renommierten Universitäten (Illinois, Yonsei, Northwestern) spezialisiert auf Digitales, Social-Media und Internationales Marketing und zertifiziert in American Government. Er ist Themensprecher Netzpolitik 

Sebastian Alscher ist Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland. 

 

Fußnoten

(1) vgl. hierzu https://www.brandsensations.com/blog/nuetzliche-elemente-des-digitalen-marketings-in-der-politischen-kommunikation Eingesehen am 2.6.2020

(2) vgl. hierzu https://www.deutschlandfunkkultur.de/arabischer-fruehling-von-der-virtuellen-zur-realen.976.de.html?dram:article_id=366881 Eingesehen am: 20.Mai 2020

Verwendete Quellen und Weiteres zum Thema

GASPACHO Podcast (2017):“ Social Media ein Schlüssel für die Freiheit? Zu Gast Manuel Feldmann“ Online unter: https://gaspacho-podcast.eu/social-media-ein-schluessel-fuer-die-freiheit/

Difraoui, Asim El (2011):“Die Rolle der neuen Medien im Arabischen FrühlingOnline unter: https://www.bpb.de/internationales/afrika/arabischer-fruehling/52420/die-rolle-der-neuen-medien, eingesehen am 25.Mai 2020

Feldmann, Manuel (2017):”Elemente des digitalen Marketings in der Politik….und warum es doch nützlich ist” Online unter: https://www.brandsensations.com/blog/nuetzliche-elemente-des-digitalen-marketings-in-der-politischen-kommunikation

Stryjak, Jürgen (2016):”Arabischer Frühling- Von der virtuellen zur realen Revolution.”  Deutschland Funk Kultur. Online unter: https://www.deutschlandfunkkultur.de/arabischer-fruehling-von-der-virtuellen-zur-realen.976.de.html?dram:article_id=366881, eingesehen am 20.Mai 2020

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